Schutz gegen elektrischen Schlag (DIN VDE 0100-410 u. a.)

Bei folgendem Text handelt es sich um sicherheitskritische Berechnungen und Auslegungen der Norm. Die Texte dienen der Prüfungsvorbereitung und spiegeln die Ansicht des Autors wider. Vor Anwendung in der Praxis ist die Norm im Original zu studieren und mit den Gegebenheiten vor Ort abzugleichen. Für Folgen aus falsch dimensionierten Leitungen (Brand, Stromschlag) haftet der Errichter der Anlage! 

Einem elektrischen Schlag kann man ausgesetzt sein

  • durch direktes Berühren,
  • durch indirektes Berühren.

Direktes Berühren bedeutet, dass man leitfähige Teile, die im Betrieb Strom führen, berührt, zum Beispiel Stromschienen, Klemmen, Steckdosenkontakte, Lampenfassung. Dieses verhindert man durch Umhüllung mit nichtleitenden Materialien, beispielsweise mit Kunststoffgehäusen. In diesem Zusammenhang sind die Schutzarten (IP Kennzeichnung) interessant, inwieweit leitfähige Teile zugänglich sind.

Indirektes Berühren meint, dass man von außen, also zum Beispiel einem Metallgehäuse, mit stromführenden defekten Teilen aus dem Innenraum in Berührung kommt (abgerissener Außenleiter drückt auf das Gehäuse als Beispiel).

Um einen Schutz gegen elektrischen Schlag zu verwirklichen, muss immer gegen direktes und indirektes Berühren geschützt werden. Direktes Berühren wird, wie bereits erwähnt, über schützende Gehäuse realisiert. Gegen indirektes Berühren kann man durch

  • automatisches Abschalten,
  • doppelte und verstärkte Isolierung,
  • Schutztrennung (mit maximal einem Verbraucher) und
  • Kleinspannung

schützen.

Kleinspannung verwendet man häufig bei Beleuchtung, Schutztrennung kommt im Wohnungsbau kaum vor, doppelte und verstärkte Isolierung auf Raumebene mit isoliertem Fußboden und Wänden ist irrelevant (da nicht angewandt und bei Verwendung von Heizkörpern nicht möglich, da fremde leitfähige Teile mit Erdpotential), doppelte und verstärkte Isolierung bei Betriebsmitteln wie Leuchten kommt vor und automatisches Abschalten ist die gängigste und relevanteste Maßnahme, um gegen elektrischen Schlag zu schützen. Dazu später ausführlich mehr.

Als dritte Maßnahme gibt es noch den „zusätzlichen Schutz“ durch RCDs mit einem Bemessungsdifferenzstrom von 30 mA. Dieser ist gefordert

  • in Endstromkreisen in Außenbereichen (bis 32 A)
  • bei Steckdosen, die durch Laien bedienbar sind (bis 32 A) [Norm von 2007: bis 20 A]
  • in Stromkreisen, die Leuchten enthalten [Norm von 2007: keine Pflicht]
  • „bei Sorglosigkeit durch Benutzer“
  • in Räumen besonderer Art (wie zum Beispiel Bäder mit Badewanne oder Dusche).

Es gibt natürlich auch Ausnahmen davon, diese sind in der Praxis aber eher irrelevant.

Schutz durch Abschaltung

Um sicherzustellen, dass ein menschlicher Körper nicht unzulässig lang mit hohem Strom durchflossen wird, muss in vorgeschriebener Zeit abgeschaltet werden. Im üblichen Drehstromnetz von 230/400 V gelten folgende Abschaltzeiten:

Im TN-System gelten die Abschaltzeiten:

  • Endstromkreise bis einschließlich 32 A: 0,4 s
  • Endstromkreise über 32 A und Verteilungsstromkreise: 5 s

Im TT-System gelten die Abschaltzeiten:

  • Endstromkreise bis einschließlich 32 A: 0,2 s
  • Endstromkreise über 32 A und Verteilungsstromkreise: 1 s

Weiterhin müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

Im TN-System

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Zs ist die Schleifenimpedanz vom Trafo über den Außenleiter zum Fehlerort, über PE(N) zurück zum Trafo

U0 ist die Spannung gegen Erde, also 230 V beim üblichen Drehstromnetz

Ia ist der Auslösestrom der Schutzeinrichtung, bei einem LS B 16 A zum Beispiel 80 A, bei einem RCD der Bemessungsdifferenzstrom, bei einer Sicherung etwa 8-facher Nennstrom.

Beim Einsatz von RCDs kann man davon ausgehen, dass die Bedingung immer erfüllt ist wegen der niedrigen Schleifenimpedanzen im TN-System.

 

Im TT-System

Beim Einsatz von Überstromschutzorganen gilt wie im TN-System:

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Allerdings kann dieser Wert in der Regel nicht eingehalten werden, weil der Widerstand über den Anlagenerder meistens zu hoch ist und somit die Fehlerschleife nicht niederohmig genug ist, um den Auslösestrom von Überstromschutzorganen fließen zu lassen. Deshalb empfiehlt sich der Einsatz von RCDs. Dabei muss die folgende Bedingung erfüllt sein:

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RA ist dabei der Widerstand vom Erder und der Schutzleiter. Der höchst mögliche Erdwiderstand lässt sich durch Vorgeben verschiedener FI-Schalter ermitteln:

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Entsprechende Erdwiderstände müssen zuverlässig und dauerhaft unterschritten werden, damit die Schutzmaßnahme greift.

Hinweis

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