Wallbox 11 kW an vorhandener Drehstromleitung - Installation, Messen, Leitungsdimensionierung
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Wir wollen eine 11 kW Wallbox an einer vorhandenen 3-Phasen-Wechselstrom-Leitung
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anschließen. Die Torsteuerung aus den 70er Jahren mit Drehstrommotor ist schon lange außer Betrieb,
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sodass wir diese Leitung verlängern und für unsere Zwecke prüfen können.
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Zunächst messen wir, ob alle Phasen sowie Neutral- und Schutzleiter ankommen. Wir
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messen korrekterweise zwischen allen Phasen 400 V und zum Neutral- und Schutzleiter 230 V.
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Grundsätzliche Funktion ist somit gewährleistet. Die Sicherheit prüfen wir noch am Ende.
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Ein älterer Verteilerschrank ist schon in der Garage montiert,
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aber leer. Diesen nutzen wir aus zwei Gründen. Zum einen ist eine neue Zuleitung zur Garage geplant,
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aber noch nicht umgesetzt. Es soll langfristig an mehreren Ladepunkten mit insgesamt mindestens
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22 kW geladen werden. Zum anderen wird dies über ein Lastmanagement geschehen,
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an dem bis zu sechs Wallboxen angeschlossen werden können.
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Als Leitungsführung entscheiden wir uns für die Montage im Installationsrohr
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und verlängern über einen Abzweigkasten die alte Leitung zum Verteilerschrank.
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Durchbrüche im Bereich von Leitungen sind besonders sorgfältig auszuführen.
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Wir schalten die Leitung frei und überprüfen die Spannungslosigkeit.
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Wir prüfen dabei die Phasen untereinander und alles gegen Schutzleiter.
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Mit einem Kegelbohrer bohren wir ein Loch in den vorhandenen Kabelkanal und ziehen die Leitung von
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der Motorsteuerung in den Kanal zurück und von dort aus in unsere neu montierte Abzweigdose.
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Die bereits verlegte Leitung NYM-J 5x6 wird schon einmal zwecks späterer Prüfung abgemantelt,
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abisoliert und zur Sicherung mit Klemmen versehen.
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Im vorliegenden Fall wird – wie bereits erwähnt - die Verlängerung der Leitung
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über einen Verteilerschrank geführt, weil aus diesem später diverse Stellen versorgt werden
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sollen und eine zweite Wallbox mittels Lastmanagement eingebunden werden soll.
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Wir rasten zunächst die Installationsklemmen jeweils zwei für jede 5-polige Leitung,
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einmal für die Leitung NYM-J 5x2,5 und einmal für die Leitung zur Wallbox NYM-J
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5x6 auf die Hutschiene, schneiden die einzelnen Leiter auf Länge und
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isolieren diese 11-13 mm ab, um sie in die Klemmen zu stecken.
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Für die provisorische Verbindung zur alten Leitung, nehmen wir etwas vom 5x2,5 und
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brücken Farbe auf Farbe. Der Schutzleiter ist automatisch über die Hutschiene verbunden.
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Im nächsten Schritt wird innerhalb der Abzweigdose die alte Leitung mit der neuen verbunden.
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Dabei wird die Mitte der Abzweigdose als Rangierzone verwendet, um den Leiter dann nach
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links oder rechts zur Position zu bringen, nach unten kommen alle Bögen und oben alle Klemmen. Die
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Methode hat vor allem beim Umverdrahten enorme Vorteile, weil alle Leiter lang genug bleiben.
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Nun kommen wir zum wichtigsten Teil, dem Überprüfen der Leitung. Wir messen im
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spannungslosen Zustand die Durchgängigkeit des Schutzleiters. Der gemessene Widerstand
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sollte überschlägig mit dem berechneten Wert übereinstimmen. Bei sehr kleinen Werten weit
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unterhalb von einem Ohm können wir aber davon ausgehen, dass die Verbindung korrekt ist.
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In Verbindung mit einem geprüften FI-Schalter können wir die Abschaltzeiten nach DIN VDE 0100
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Teil 410 (Schutz vor indirekter Berührung) schon gewährleisten.
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Wir messen dabei idealerweise von der Haupterdungsschiene bis zu unserem Endpunkt,
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also zur Wallbox oder falls noch nicht vorhanden, den Auslass der Leitung.
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Die zweite Messung ist der Isolationswiderstand. Wenn die Leitung bereits mit der Anlage verbunden
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ist, muss eine Messung aller Leiter gegen Schutzleiter genügen. Denn zwischen den
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Phasen oder zwischen Phase und Neutralleiter können Verbraucher sein, die beispielsweise
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im Fall von Glühlampen den Stromkreis über entsprechenden Widerstand schließen,
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sodass man den Widerstand des Glühdrahtes misst und nicht mehr die Isolation,
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was die Messung unbrauchbar macht. Beim Messen des Neutralleiters muss die Verbindung zwischen
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Schutz- und Neutralleiter irgendwo unterbrochen werden, idealerweise durch Abschalten des
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vorgeschalteten FI-Schalters, da ansonsten auch kein brauchbares Ergebnis entsteht.
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Die Isolationsmessung gibt uns die Einschätzung wie es qualitativ um unsere Leitung steht. Je
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höher der Isolationswiderstand ist, desto besser und umso weniger verschlissen ist die Leitung.
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Um die Leitung später mit 16 A dauerhaft belasten zu können, untersuchen wir die Verlegeart,
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soweit überhaupt ersichtlich. Die schlechteste Verlegeart scheint hier mehradrige Leitung im
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Kabelkanal zu sein, also laut Tabellenbuch B2 bzw. zu finden in Tabelle 2 in DIN VDE 0298-4.
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Wir suchen zunächst heraus: für B2 und Querschnitt 1,5 mm²,
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mit drei belasteten Leitern, bei Umgebungstemperatur 30 °C,
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für einen Isolierwerkstoff bis 70 °C in Tabelle 3 von DIN VDE 0298-4 den Wert: 15 A.
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Als nächstes treffen wir weitere Annahmen, um uns das hinzubiegen. Wir werden aber feststellen,
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dass die Leitung unterdimensioniert ist und beleuchten daher auch die Konsequenzen daraus.
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Zunächst aber der Versuch, die Leitung schön zu reden: Die Leitung ist nur im Keller,
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Kriechkeller und unter der Erde verlegt, wo die Temperatur immer unter 20 °C sein wird,
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wir finden einen Umrechnungsfaktor von 1,12 in der Tabelle 17 von DIN VDE 0298-4. Und landen
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bei 15 A ∙ 1,12 = 16,8 A, müssen allerdings noch eine Häufung gegenrechnen und nehmen an,
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dass das ganze Haus nur kurzzeitig die Leitungsanlage halb so stark belastet
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wie die Wallbox und dabei jede Einzelleitung höchstens halb belastet wird und interpolieren
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für 1,25-fache Häufung für die Verlegeanordnung „Gebündelt im Elektroinstallationskanal“ (siehe
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Tabelle 20 in DIN VDE 0298-4) den Wert: 0,95. Es folgt also 16,8 A ∙ 0,95 = 15,96 A.
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Das Ganze ist natürlich aus mehreren Gründen fragwürdig: Angenommen jemand dreht seinen
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Backofen auf volle Stufe, was zwar nur selten passiert, aber zumindest möglich
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ist und im gleichen Moment wird mit 11 kW geladen, dann ist die Häufung nicht 1,25,
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sondern schon allein durch diese beiden Leitungen bei 2. Andersherum aber ist die Belastung der
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Zuleitung für den Herd nie voll ausgelastet und die Last der anderen Verbraucher verteilen
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sich auf ganz viele Einzelleitungen. Darüber hinaus ist die Verlustleistung proportional
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zum Quadrat des Stroms, was die Wärmebelastung auf jeder einzelnen Leitung stark reduziert.
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Die Konsequenz aus der zu knapp dimensionierten Leitung ist ein höherer
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Verschleiß in der Zuleitung zur Wallbox, aber auch in den umgebenden Leitungen.
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Das hat eine sehr bedeutende Herabsetzung der Lebensdauer zur Folge. Wir recherchieren
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beim Leitungshersteller Lapp in den technischen Tabellen folgendes Diagramm
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zur Alterung der Leitung in Bezug auf Temperatur und gewähltem Isolator.
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Das Diagramm zeigt einen Isolierwerkstoff mit Temperatur-Index von 110 °C in Bezug
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auf eine übliche Lebensdauer von 20.000 Stunden.
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Wir haben links eine logarithmische Werteskala in Stunden und unten die
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Temperatur linear ansteigend von rechts nach links. Die Untersuchung
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des Isolierwerkstoffes ergibt in diesem Diagramm etwa eine Gerade, die wir ganz
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unwissenschaftlich für unsere Zwecke auf einen Temperatur-Index von 70 °C für PVC verschieben.
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In der Verteilung können wir die Temperatur mit der Wärmebildkamera gut messen, können
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aber davon ausgehen, dass die Werte gebündelt in einem engen Kabelkanal schlechter sein werden.
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Wir messen für den wärmsten Punkt etwa 55 °C. Im Diagramm stellen wir fest,
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dass unsere Leitung vermutlich etwa 90.000 Stunden Dauerbelastung aushalten würde,
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was grob 10 Jahre bedeuten würde, falls wir 24/7 laden würden. Das tun wir natürlich nicht.
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Wir haben bei der Leitungsdimensionierung festgestellt, dass wir voraussichtlich die 70
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°C irgendwo in der Leitung erreichen werden. Das würde
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laut Diagramm 20.000 Stunden Lebensdauer bedeuten.
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Angenommen, unsere doch recht grenzwertige Überlegung würde nicht eintreffen,
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sondern es wird durch Häufung regelmäßig deutlich wärmer,
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zum Beispiel 20 °C wärmer, so würde sich die Lebensdauer zehnteln.
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Nochmal 20 °C wärmer würde die Lebensdauer erneut zehnteln.
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Jetzt laden wir natürlich nicht 24/7, sondern nach unserem Energiebedarf. Wir gehen einmal
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von 1.000 km Fahrleistung im Monat aus. Bei üblichen 20 kWh Verbrauch pro 100 km würden
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wir 200 kWh pro Monat benötigen, was bei 11 kW Ladeleistung etwa 18 Stunden Ladedauer ergeben
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würde, was wiederum etwas mehr als eine halbe Stunde pro Tag im Durschnitt wäre.
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Wir können dadurch die Nutzungsdauer der Jahre entsprechend mit 40 multiplizieren.
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Eine korrekt dimensionierte Leitung würde dadurch mit 91 Jahren ungefähr lebenslang halten. In
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unserem Fall gehen wir davon aus, dass 10 Jahre noch realistisch wären. Im Falle einer komplett
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falsch dimensionierten Leitung würde es zu einem teuren Garantiefall in unter einem Jahr werden.
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Es ist aber zu bedenken: Je höher die Temperatur, desto mehr wird auch die
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restliche Anlage in Mitleidenschaft gezogen. Aus Kundensicht ist folglich von Vorteil,
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auf die richtige Dimensionierung zu bestehen und unterm Strich ist es billiger, für einen höheren
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Querschnitt mehr zu bezahlen, als später große Teile der Anlage frühzeitig erneuern zu müssen.
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Beim Thema langfristige und dauerhafte Kosten wären wir
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dann bei Verlustleistung und Spannungsfall.
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Ich möchte im Fazit Folgendes zeigen: 1. Die Verlustleistung sinkt deutlich,
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wenn der Ladestrom sinkt und 2. Laden mit 3 Phasen ist weniger
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verlustbehaftet als mit nur einer Phase zu laden.
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Wir nehmen im Folgenden an, dass dank vorhandener
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Leistungsfaktorkorrekturfilter des Onboard-Chargers der Leistungsfaktor
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bei annähernd 1 (cos ϕ = 1) liegt und behandeln Wallbox mit Auto als reinen Wirk-Verbraucher.
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Den Spannungsfall ermitteln wir aus dem Leitungswiderstand ab Zähleranlage,
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indem wir den Netzinnenwiderstand vom Endpunkt (z. B. für Phase 1 870 mΩ) und
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am Zählerplatz (hier 83 mΩ) messen und das Ergebnis subtrahieren. Wir erhalten:
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870 mΩ – 83 mΩ = 787 mΩ für den Widerstand Hin- und Rückleiter, also Phase 1 und Neutralleiter.
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Mit dem Ohmschen Gesetz U = R ∙ I können wir den Spannungsfall berechnen. R ist dabei der
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Widerstand der Leitung. Der Strom bei voller Ladeleistung 16 A. Es ergibt
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sich für den Spannungsfall: ΔU = 0,787 Ω ∙ 16 A = 12,6 V. Das sind in Prozent:
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Δu = 12,6 V/230 V = 5,5 % und das ist knapp mehr als in DIN VDE 0100-525 und
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zughöriger Tabelle G.52.1 gefordert ist, hat aber auch keine Sicherheitsrelevanz.
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Mit der Formel P = U ∙ I können wir daraus die Verlustleistung im
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einphasigen Betrieb berechnen. Wenn wir in der Leistungsformel U mit der Formel R ∙ I ersetzen,
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erkennen wir gut den quadratischen Zusammenhang mit dem Strom. Die Formel ist ausgeschrieben
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P = R ∙ I ∙ I = R ∙ I². Daraus folgt: die Halbierung des Stroms ergibt ein Viertel
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der Verlustleistung, sodass durch Verdoppeln der Ladedauer unterm Strich trotzdem nur die
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Hälfte der Verlustleistung in Form von Wärme verloren geht.
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Für den Nutzer eines Elektromobils bedeutet es, das Laden mit reduziertem Ladestrom nicht nur
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das Fahrzeug schont, sondern auch die elektrische Anlage und auch ganz konkret die Stromrechnung.
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Die Betrachtung war zunächst auf Wechselstrom bezogen. Drehstrom bietet noch einen weiteren
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Vorteil. Dadurch, dass das elektrische Potential am Sternpunkt bei symmetrischer Belastung gleich
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Null ist, müssen nur die Widerstände der drei Phasen berücksichtigt werden, nicht aber der
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Neutralleiter. Das bedeutet pro Phase nur den halben Widerstand von 787 mΩ / 2 = 393,5 mΩ.
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Zum Verdeutlichen berechnen wir folgende Verlustleistungen:
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1. Wechselstrom 16 A 2. Wechselstrom 8 A
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3. Drehstrom 16 A 4. Drehstrom 8 A
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1. Wechselstrom bei 16 A ergibt:
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P = R ∙ I² = 787 mΩ ∙ (16 A)² = 201,5 W
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Um monatlich 200 kWh mit etwa 3,7 kW zu laden, beträgt der Zeitaufwand 54
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Stunden und der Verlust im Portemonnaie bei 30 Cent pro kWh: 10,9 kWh ∙ 0,3 €/kWh = 3,27 €
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2. Wechselstrom bei 8 A ergibt:
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P = R ∙ I² = 787 mΩ ∙ (8 A)² = 50,4 W
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Die Ladedauer verdoppelt sich auf 108 Stunden, das macht: 5,4 kWh bzw. 1,62 €
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Wir erhalten Gesamtverlustleistung durch Verdreifachen der Verlustleistung pro Phase,
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dabei beachten wir die Halbierung des Leitungswiderstandes in Bezug auf Wechselstrom:
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P = 3 ∙ R ∙ I² = 3 ∙ 393,5 mΩ ∙ (16 A)² = 302,2 W
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Interessant gegenüber Wechselstrom ist: Wir dritteln die Ladedauer und
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haben nur 50 % mehr Verlustleistung, das macht sich finanziell direkt bemerkbar:
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Um 200 kWh bei etwa 11 kW zu laden, benötigt man 18,2 Stunden. Daraus
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ergibt sich die Verlustarbeit von 0,3022 kW ∙ 18,2 h = 5,5 kWh, was 1,65 € macht.
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P = 3 ∙ R ∙ I² = 3 ∙ 393,5 mΩ ∙ (8 A)² = 75,6 W
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Die Ladedauer verdoppelt sich auf 36,4 Stunden. Das macht 2,75 kWh bzw. 0,83 €.
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Entscheidend für die tatsächliche Ladeleistung an der Wallbox ist die Spannung,
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die nach Spannungsfall noch ankommt. Auch das vorangeschaltete öffentliche
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Netz hat hierbei natürlich Einfluss auf die Spannung und die Ladeleistung.
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Nach dem Montieren der Wallbox müssen sämtliche Messungen nach DIN VDE 0100-600 wiederholt werden,
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insbesondere muss auch die korrekte Funktion des internen FI-Schalters überprüft werden.